Legionellen

Legionellen, Trinkwasserverordnung, Gefährdungsanalyse, Trinkwasserhygiene:
diese vier Begriffe stehen in einem engen Zusammenhang. Tatsache ist, dass Legionellen in praktisch jeder Trinkwasserinstallation vorkommen. Gefährlich wird es erst, wenn, aus welchen Gründen auch immer, ideale Lebensbedingungen für Legionellen vorliegen. Dann kann es zu einer explosionsartigen Vermehrung mit der entsprechenden Gefährdung der Nutzer kommen.
Nachstehend einige Basisinformationen über Legionellen:

Was sind Legionellen und wo kommen sie natürlicherweise vor?

Legionellen sind bewegliche Stäbchenbakterien mit einer durchschnittlichen Länge von 2 – 5 µm und einem Durchmesser von 0,5 - 0,8 µm. Sie kommen in zahlreichen Arten und Serogruppen weltweit verbreitet in Oberflächenwässern und auch im Boden vor. Aufgrund ihrer natürlichen Verbreitung kommen Legionellen auch in geringer Anzahl im Grundwasser vor. Daher können sich auch in dem von den Wasserwerken gelieferten Trinkwasser Legionellen in überwiegend sehr geringer Konzentration befinden.

Welche Erkrankungen werden durch Legionellen verursacht?

1976 kam es in Philadelphia in den USA zu einer Epidemie, bei der 182 von mehr als 4000 Teilnehmern der American Legion akut mit Legionella pneumophila an der sogenannten Legionärskrankheit, einer schweren Pneumonie, erkrankten und 29 verstarben.
Dieser Vorfall führte zu einer fieberhaften Suche nach der damals noch unbekannten Ursache. Schließlich konnte der Erreger dort mittels der Silberimprägnierung als Bakterium identifiziert werden.
In der Folge wurden geeignete Anzuchtmedien und serologische Nachweisverfahren entwickelt.
Weltweit konnten, auch retrospektiv, zahlreiche kleinere Ausbrüche mit schweren Lungenentzündungen und Todesfällen als "Legionärskrankheit " bestätigt werden.
Größere Vorfälle in jüngster Zeit ereigneten sich 1999 in Bovenkarspel in Holland, wo es anlässlich einer Blumenschau durch zwei Whirlpools zu 233 Erkrankungen mit 22 Todesfällen kam, 2001 in Murcia in Spanien mit 805 Erkrankungen und 3 Todesfällen über Kühl-/Klimaanlagen und 2010 in Deutschland in Ulm und Neu Ulm mit 65 Erkrankungen und 5 Todesfällen über ein Rückkühlwerk.
Im Jahr 2013 wurde für die deutsche Stadt Warstein sogar eine Reisewarnung wegen Legionellen ausgesprochen. Bei über 90% der schweren Legionelleninfektionen kann die Art Legionella pneumophila nachgewiesen werden und hier wiederum in etwa 2/3 der Fälle die Serogruppe 1.
Aber auch viele andere Legionellenarten sind pathogen. Erkrankungen mit Legionellen treten in zwei unterschiedlichen Verlaufsformen auf, wobei bei beiden Begleiterscheinungen wie Unwohlsein, Fieber, Kopf-, Glieder-, Thoraxschmerzen, Husten, Durchfälle und Verwirrtheit vorkommen können.
Die eigentliche "Legionärskrankheit" zeigt sich in einer schweren Lungenentzündung, die unbehandelt in 15-20% der Fälle tödlich verläuft. Die Inkubationszeit beträgt 2-10 Tage, in seltenen Fällen bis zu zwei Wochen. Beim weitaus häufiger vorkommenden "Pontiac-Fieber" handelt es sich um eine fiebrige, grippeähnliche Erkrankung mit einer Inkubationszeit von bis zu zwei Tagen, die meist ohne Lungenbeteiligung binnen weniger Tage abheilt.
In Deutschland geht man davon aus, dass jährlich mindestens 100.000 Erkrankungen mit geschätzten 2.500 Todesfällen vorkommen.

Wer ist besonders gefährdet?

Vor allem sind ältere Menschen, Raucher sowie Menschen mit geschwächtem Immunsystem verstärkt betroffen.
Allgemein erkranken Männer mehr als doppelt so häufig wie Frauen.
Kinder sind meist nur sehr selten betroffen.

Auf welche Weise kann man sich mit Legionellen infizieren?

Als Hauptinfektionsweg ist das Einatmen erregerhaltiger, lungengängiger Aerosole aus dem Warmwasserbereich anzusehen.
Somit stellen insbesondere Duschen, aber auch Aerosole am Wasserhahn Gefahrenquellen dar.
Weiterhin gewinnen Legionellen als Krankheitserreger auch im direkten Schwimmbeckenbereich zunehmend an Bedeutung, wo neben Whirlpools auch sonstige mit einer Wasserversprühung, -vernebelung oder -verrieselung versehene Anlagen wie künstliche Wasserfälle, Fontänen und auch Rutschen eine Rolle spielen können.
Ebenso ist eine Legionellenübertragung über Aerosole von Kühltürmen und Klimaanlagen möglich, sofern dies nicht durch Biozideinsatz und Verdampfung statt mechanischer Luftbefeuchtung verhindert wird.
Eine Übertragung von Mensch zu Mensch findet dagegen nicht statt. Wundinfektionen sind äußerst selten und auch normales Essen und Trinken spielen keine Rolle.
Lediglich wenn dabei erregerhaltiges Wasser aus Versehen in die Luftröhre gelangt, können Infektionen entstehen.
Durch derartiges „Verschlucken“ könnte es auch über Beckenwasser und Leitungswasser zu Erkrankungen kommen.

Wie verhalten sich Legionellen bei verschiedenen Wassertemperaturen?

Wenige Legionellen sind auch im kalten Grundwasser vorhanden. Bis zu Temperaturen von etwa 20 °C vermehren sich Legionellen nur sehr langsam, so dass in diesem Bereich schon wegen der zu erwarteten geringen Konzentration das Erkrankungsrisiko als gering einzuschätzen ist. Erst über 20 °C steigt die Vermehrungsrate allmählich an und ist etwa zwischen 30 und 45°C optimal. Ab etwa 50 °C erfolgt meist kaum noch Vermehrung und bei etwa 55 °C ist diese nicht mehr möglich und es kommt langsam zum Absterben. Eine sichere und mit steigenden Temperaturen zunehmend raschere Abtötung findet erst knapp oberhalb von 60 °C statt. Daher muss die in der Energieeinsparverordnung geforderte Begrenzung des Primär-energieverbrauchs im Trinkwasser durch Verbesserung der Wärmedämmung und bedarfsgerechte Planung, nicht aber durch Senkung der Systemtemperaturen erreicht werden. Erwärmtes Trinkwasser mit niedrigerer Temperatur ist nur dann hygienisch unbedenklich, wenn es an der Stelle und zum Zeitpunkt des Verbrauchs erwärmt wird, z.B. über Durchlauferhitzer oder Wärmetauscher. Vermehrungsorte für Legionellen sind Wuchsbeläge oder Biofilme, die bevorzugt gebildet werden, wenn große Oberflächen vorhanden sind, wie z.B. in Filtern oder in zusätzlichen Ablagerungen durch Kalkausfall, Schlämme oder Korrosionsprodukte. In derartigen Biofilmen können Legionellen wirkungsvoll durch zusätzlich produzierte Schleimsubstanzen vor Desinfektionsmaßnahmen geschützt überleben. Diese Biofilme stellen ein "Ökosystem " dar, in dem auch Einzeller wie (harmlose) Amöben vorkommen, die sich wiederum von den dort vorhandenen Mikroorganismen ernähren. Auch Legionellen werden aufgefressen, jedoch im Innern der Amöbe nicht verdaut, können sich dort sogar vermehren und damit anreichern. Auch in Amöbencysten, die als lungengängige Partikel zu betrachten sind und Legionellen ebenfalls Schutz vor allen gängigen Desinfektionsmaßnahmen bieten, sind diese lebendig vorhanden.

Welche Desinfektionsmaßnahmen können durchgeführt werden?

Die schlechte Nachricht gleich vorweg: Es gibt kein „Allheilmittel“ gegen Legionellen.
Frei im Trinkwasser schwimmende Legionellen können leicht über verschiedene Verfahren abgetötet werden, aber die in Biofilmen oder Inkrustinationen „geschützten“ Legionellen überleben die Desinfektion, so dass es bereits nach wenigen Wochen wieder zu einer Re-Kontaminierung kommen kann.
Eine vollständige Sanierung einer kontaminierten Trinkwasserinstallation ist in der Regel nur mit bautechnischen Maßnahmen und einem anschließenden „bestimmungsgemäßen Betrieb“ möglich.
Nachstehende Desinfektionsmaßnahmen können als kurzfristige Maßnahmen durchgeführt werden:

  • Thermische Desinfektion
  • Chemische Desinfektion
  • UV-Bestrahlung
  • Endständige Filter

Alle aufgeführten Maßnahmen haben ihre Vor- und Nachteile, und es muss zwingend im Einzelfall geprüft werden, welche Maßnahme gegebenenfalls zur Anwendung gelangt.
Die aufgeführten Maßnahmen sind Akutmaßnahmen, um bestehende Gefährdungen zu vermindern. Ihre Wirkung ist entweder zeitlich begrenzt, so dass eine häufige Wiederholung notwendig ist, oder sie haben allein keine ausreichende Wirkung und unerwünschte Nebenwirkungen.
Man muss sich immer vor Augen halten, dass Bekämpfungsmaßnahmen, ob thermisch, chemisch oder physikalisch, nur dann erfolgreich sein können, wenn sämtliche Stellen des Trinkwasser-Installationssystems damit erreicht werden können.
Beim mikrobiologischen Nachweis insbesondere hoher Legionellenkonzentrationen ist dies erfahrungsgemäß nur selten der Fall. Hinzu kommt, dass chemische und physikalische Verfahren nur dann erfolgversprechend sind, wenn es zuvor zu einer weitgehenden Entfernung von Biofilmen gekommen ist.
Hier kann auch die Luft/Wasser-Spülung eine entscheidende Rolle spielen. Bei Maßnahmen zur Reinigung und Desinfektion der Trinkwasser-Installation ist das DVGW-Arbeitsblatt W 557 zu beachten.
Dauerhaft niedrige Belastungen sind nur durch Einhaltung der Systemtemperaturen ≤ 25°C oder ≥ 55°C und einen bestimmungsgemäßen Gebrauch der Trinkwasserinstallation zu erreichen.
Keimfreies Wasser ist nur durch Sterilfiltration erreichbar. Vorsicht ist geboten, wenn empfohlen wird, selbst eine „thermische Desinfektion“ durchzuführen, so wie es kürzlich in den Kieler Nachrichten zu lesen war.
Bei einer „thermischen Desinfektion“ sind entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen, zu nennen ist hier zwingend eine Atemschutzmaske mit einem Partikelfilter P2.
Und eine falsch durchgeführte „thermische Desinfektion“ wird über kurz oder lang die Anzahl der Legionellen erhöhen.

Positiver Legionellenbefund/positive Beprobung, was nun?

Die Information der betroffenen Verbraucher über die Ergebnisse der Legionellenuntersuchung gehört zu den Pflichten des UsI (Unternehmer oder der sonstige Inhaber) der Trinkwasserinstallation gemäß § 21 (1) TrinkwV.
In Anlage 3 Teil II der Trinkwasserverordnung findet sich als spezielle Anforderung in der Trinkwasserinstallation ein technischer Maßnahmenwert für Legionellen mit 100 KBE/100 ml.
Bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes ist möglicherweise eine vermeidbare Gesundheitsgefährdung zu besorgen.
Erfahrungsgemäß wird dieser Wert bei Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und der erforderlichen Sorgfalt durch den Inhaber einer Trinkwasser-Installation in der Regel nicht überschritten. Falls doch, sind Fehler in der Anlage zu vermuten.
Daher hat der UsI bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes folgende zusätzlichen Pflichten:

  • Information des Gesundheitsamtes gem. § 16 Abs. 1 TrinkwV,
  • Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen durchzuführen oder durchführen zu lassen; diese Untersuchungen müssen eine Ortsbesichtigung sowie eine Prüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik einschließen,
  • eine Gefährdungsanalyse zu erstellen oder erstellen zu lassen und
  • die Maßnahmen durchzuführen oder durchführen zu lassen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich sind.
  • Die ergriffenen Maßnahmen sind dem Gesundheitsamt unverzüglich mitzuteilen. Die Untersuchungen und Maßnahmen sind zu dokumentieren und die Aufzeichnungen zehn Jahre verfügbar zu halten.
  • Unverzügliche Information der betroffenen Verbraucher über das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und sich daraus ergebende Einschränkungen in der Verwendung des Trinkwassers

Auch für die Durchführung der Gefährdungsanalyse gibt es eine Empfehlung des Umweltbundesamtes.
Eine Gefährdungsanalyse kann u.a. von Trinkwasser-Installationsfachbetrieben (eingetragen im Installateurverzeichnis eines Wasserversorgungsunternehmens), einschlägigen Ingenieurbüros, anderen Fachplanern oder Hygieneinstituten durchgeführt werden.
Die notwendige Fachkunde kann durch Teilnahme an Aus- und Fortbildungsveranstaltungen erlangt und nachgewiesen werden, die die Inhalte der VDI-Richtlinie VDI/DVGW 6023 oder der einschlägigen Teile von DIN EN 806 und DIN 1988 sowie der DVGW-Arbeitsblätter W 551 und W 553 in Theorie und Praxis vermitteln.
Das Gesundheitsamt kann vom UsI die Vorlage aller Untersuchungsergebnisse sowie der Unterlagen über die Ortsbesichtigung und der Gefährdungsanalyse verlangen.
Wenn der UsI seinen Verpflichtungen gemäß § 16 nicht nachkommt, fordert das Gesundheitsamt ihn dazu auf. Kommt der UsI auch dann seinen Pflichten nicht fristgerecht und vollständig nach, prüft das Gesundheitsamt, ob Maßnahmen zum Gesundheitsschutz erforderlich sind und ordnet diese gegebenenfalls an.

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